Über das Archiv
Die Raveline ist wieder da. Aber warum das alles? Ein paar Worte dazu.
Mein Name ist Stefan Gubatz, ich bin Betreiber dieser Seite. Möglicherweise habt ihr schon mal etwas Musik von mir gehört, eine Karikatur von mir gesehen oder seid über meinen YouTube-Kanal gestolpert. Wahrscheinlich aber eher nicht.
Ich bin aufgewachsen im tiefsten Nordfriesland in einer Zeit, in der es das Internet wie wir es heute kennen noch nicht gab. Was es aber gab, war die CD-Abteilung bei Karstadt, einen Nachbarn mit The Shamen- und Prodigy-Vorliebe sowie einen Fernseher, auf dem jeden Freitag Abend Housefrau bei Viva lief. Dabei habe ich schnell gemerkt: elektronische Musik scheint mein Ding zu sein, aber es war in der norddeutschen Provinz wahnsinnig kompliziert, sich darüber zu informieren.
Im ARD-Videotext (wer weiß noch, was das ist?) las ich eines Tages die Meldung, dass ein Musikmagazin namens „Raveline“ an den Kiosk ging. Natürlich kaufte ich mir umgehend die erste Ausgabe und war völlig überwältigt von dem Inhalt. Das Heft war bunt, vollkommen überdreht, informierte ansprechend über Musik und Künstler*innen der Szene – und überhaupt: Szene! Die Raveline vermittelte mir einen umfassenden Eindruck darüber, was Techno eigentlich ausmachte und wovon man in Nordfriesland nur träumen konnte.
Jeden Monat fieberte ich auf den Erscheinungstermin der neuen Ausgabe hin und verschlang das Heft immer wieder mit größter Leidenschaft.
Zeitsprung. Es ist 2005 und ich arbeite als Grafiker in einer langweiligen Kölner Agentur. Zwischenzeitlich hatte ich aber auch diverseste Partys und Szeneerfahrungen mitgenommen, meine ersten Platten produziert und auch ein Praktikum beim vor allem in Rheinland bekannten d2000 Magazin gemacht. Ende des Jahres lese ich auf der Website dancecube.de eine Stellenanzeige: Das Raveline Magazin sucht einen Grafiker. Ich bewerbe mich umgehend, bekomme ebenso umgehend einen Anruf vom Chefredakteur Sven Schäfer, wann ich denn anfangen könne und ziehe zum 1. Januar 2006 nach Datteln ins Ruhrgebiet. Ich konnte es kaum glauben.
Wer den Werdegang der Raveline verfolgt hat, wird wissen: den kreativen Zenit hatte das Magazin 2006 schon längst hinter sich gelassen, dennoch war es für mich ein geradezu unfassbares Privileg, fortan in diesem Team, diesen Räumlichkeiten und an diesem Heft mitarbeiten zu können.
Fortan fand ich mich in Mayday-Lounges, auf Loveparade-Wagen, bei Rave-Kreuzfahrten und in Radiostudios wieder. Nicht nur lernte ich allerlei von mir hochgeschätzte DJs und Produzent*innen kennen, sondern auch Protagonisten der alten Raveline-Schule. Etwa Kai-Uwe Müller, Gründungsmitglied der Ur-Raveline. Wir begegneten uns das erste Mal auf der Mayday, verstanden uns sofort und er bombardierte mich direkt mit Anekdoten aus den Anfangszeiten der Raveline. Und er klärte mich endlich auf, was es mit „der Hyper-Hyper-Sache“ eigentlich auf sich hatte – dazu aber sicherlich an anderer Stelle demnächst mehr.
Ebenso ehrfürchtig war ich bei der Begegnung mit Ansgar Hiller, der jahrelang mit seiner Agentur „Planet Pixel“ für die abgedrehte Grafik und sicherlich auch ein Stück weit den schrägen Humor des Heftes verantwortlich war und was mich als Grafiker sehr beeindruckt und sicherlich auch beeinflusst hat.
Und und und.
Die Raveline war nicht nur für mich über viele Jahre ein vertrauter Begleiter durch die wundersame und wunderbare Welt der elektronischen Musik. Bis heute sehe ich, wie Menschen leuchtende Augen bekommen, wenn sie von der Raveline schwärmen. Das Magazin hatte alles, was Raverinnen und Raver in den 90er und 2000er Jahren brauchten – Hedonismus, Humor, Leichtfüßigkeit – und brauchbare Infos über Techno, House und alles was damit zu tun hatte.
Und dann kam der große Knall im Dezember 2011. Der A.E.C. Geronimo Verlag, der die Raveline über viele Jahre herausgegeben hatte, musste Insolvenz anmelden. Die bisherige Raveline-Belegschaft entzweite sich. Die eine Hälfte gründete das FAZE Magazin und führt bis heute in etwa das weiter, was die Raveline zuletzt darstellte. Und die andere Hälfte versuchte mit großer Mühe, das Raveline Magazin weiterhin zu betreiben. Ende 2012 musste aber auch der eigens dafür gegründete „CS Verlag“ seinen Betrieb einstellen und die Raveline war endgültig Geschichte.
Es folgten viele unschöne Szenen zwischen ehemaligen Kolleginnen und Kollegen, aufreibende Termine beim Insolvenzverwalter, ungeklärte Fragen, wer nun eigentlich Recht hatte und wer nicht, und wer überhaupt noch wieviel Geld von wem zu bekommen hatte. Kurzum: das mit der Raveline hatte sich wohl erledigt.
Was für ein unwürdiges Ende.
Jahrelang hatte niemand die Muße, sich dem Thema überhaupt noch einmal anzunehmen. Aber irgendwann erzählte mir mein Freund Sebastian, den ich über das technoforum.de kennenlernt hatte, dass er einfach alles, was er rund um das Thema Technokultur und -Medien finden konnte, digital archivieren würde. Er scannte Zeitschriften, digitalisierte alte VHS-Cassetten und veröffentlichte einen Teil davon zunächst über die Seite technohistory.org (wo es übrigens auch Archivausgaben von Frontpage, Groove, DeBug und Co. zu entdecken gibt). Irgendwann eröffnete er mir, dass er nahezu den kompletten Output des Raveline Magazins auf einer Festplatte liegen hat. Ich war schwer beeindruckt und meine Gedanken explodierten.
Im Jahr 2022 sicherte ich mir die Markenrechte an der Raveline, kaufte die Domain raveline.de für viel zu viel Geld von einem Domainhändler, kontaktierte Leute wie Kai-Uwe Müller oder meinen alten Freund Benedikt Schmidt, mit dem ich nicht nur regelmäßig Musik machte, sondern er als Autor immer ganz nah an Rave-Literatur und popkulturellem Journalismus war. Wir sprudelten über, was man fortan aus dem Vermächtnis der Raveline alles machen könnte – auch auf welches neue Level man eine unabhängige, idealistisch und so unkommerziell wie möglich geführte „Raveline 2.0“ zukünftig heben könnte.
Doch realistisch betrachtet – dafür reicht unsere Kraft aktuell nicht aus. Aber wer weiß, was noch alles kommt. Fakt ist jedenfalls: Diese Seite soll wachsen!
Wir werden euch zudem auf Facebook, Instagram und Threads mit allerlei Nostalgischem versorgen – am besten, ihr folgt uns dort einfach mal!
Zu diesem Zeitpunkt präsentieren wir euch zumindest schon mal den (fast) kompletten Satz Raveline-Hefte aus den Jahren 1993 bis 2012. Wir hoffen und sind eigentlich davon überzeugt, dass ihr mindestens genau so viel Freude beim Stöbern in den alten Ausgaben habt wie wir bei der Konzeption dieser Seite!
Rave on!
Stefan
P.S.: Einen besonderen Dank an Ansgar und Planet Pixel, die uns freundlicherweise das OK für die Verwendung des legendären Logos für unsere Seite gegeben haben. <3
Noch ein P.S.: Wie ihr sicherlich gemerkt habt, gibt es auf dieser Seite allerlei Werbebanner, die mitunter ganz schön nerven. Uns auch. Dennoch finanziert diese Werbung den Betrieb dieser Seite und ihr würdet uns zudem einen riesigen Dienst erweisen, wenn ihr hier und da auch mal auf einen Banner klickt. Ansonsten versuchen wir, wie oben schon angemerkt, so idealistisch und unkommerziell zu agieren, wie wir nur können.
Es-nimmt-kein-Ende-mit-den-P.S.: Wir haben natürlich auch einen Spreadshirt-Shop eröffnet, in dem ihr geile Klamotten mit Raveline-Motiven kaufen könnt. Solltet ihr also jetzt wieder eure Raving Shoes (und Shirts) anziehen und im Club, auf der Straße oder beim Sonntagsausflug mit euren Kindern (oder Enkeln) unter Beweis stellen wollen, dass ihr damals dabei wart, freuen wir uns auch hier über eure Unterstützung. Nostalgia is a hell of a drug, aber ich glaube, wir haben alle was davon.
So, und jetzt ab ins Archiv!